Expertise an einem Schrägaufzug in 3'750 m.ü.M
Um dem stetig steigenden Verkehrsaufkommen entgegen zu wirken setzen immer mehr Städte auf Seilbahnen als öffentliche Verkehrsmittel. So auch in der bolivianischen Hauptstadt La Paz. In der auf 3‘750 m ü. M. gelegenen Metropole hat die Firma Doppelmayr im Jahr 2014 die ersten Seilbahnen in Betrieb genommen, die La Paz mit der höher gelegenen Schwesterstadt El Alto verbinden. Auch der Seilbahnspezialist Inauen-Schätti AG aus Schwanden ist am Projekt beteiligt.
Inauen-Schätti lieferte einen Schrägaufzug, der als Zubringer vom Bus-Terminal zur Seilbahnstation fungiert.
Der 90 kW-Antrieb für den Schrägaufzug, eine Kombination aus SEW-Kegelradgetriebe und AKH-Motor, wurde im September 2014 von der Alfred Imhof AG ausgeliefert. Bereits im Februar 2015 ging der Schrägaufzug offiziell in Betrieb. Einige Monate später führten festgestellte Schwingungen jedoch dazu, dass die Drehzahl des Antriebs gedrosselt werden musste. Ein aus Spanien herbeigerufener Spezialist für Schwingungsanalysen konnte die Schwingungen mit technischen Messungen zwar belegen, suchte aber erfolglos nach den Ursachen. So hat man sich bei Inauen-Schätti dazu entschieden, die Alfred Imhof AG zu kontaktieren, und schon bald darauf machte sich Rainer Trumpp, Projektmanager und Spezialist für Expertisen bei der Alfred Imhof AG, zusammen mit einem Mitarbeiter von Inauen-Schätti auf den Weg nach La Paz. Ziel der Reise war es, die genaue Ursache der Schwingungen zu ermitteln und einen Massnahmenkatalog zu erstellen.
„Die Höhe in der bolivianischen Hauptstadt wurde anfangs zu einem echten Problem, wir hatten kaum Zeit für eine Akklimatisierung. Durch den niedrigeren Sauerstoffgehalt war jeder (Arbeits-)Schritt anstrengend. Doch mit der Zeit gewöhnt man sich an die erschwerten Arbeitsbedingungen“ sagt Rainer Trumpp. Um den Ursachen der Schwingungen auf den Grund zu gehen wollte man an verschiedenen Punkten am Antrieb sowie an der gesamten Konstruktion Messungen durchführen, sowohl unter Belastung, bei normalem Betrieb sowie bei Leerfahrten. Bei der vorangegangenen Seilprüfung wurde aber festgestellt, dass die Seilrollenführungen einseitig stark eingeschnitten waren. Der anfängliche Verdacht, die Abnutzung hänge mit unterschiedlicher Seilspannung zusammen, wurde aber nicht bestätigt. Viel mehr entstand der hohe mechanische Abrieb durch einen abrasiven Verschleiss, herbeigeführt durch eine am Seil haftende Kombination aus Öl, Staub, Russ und Abgasen. Um die normale Resonanz der Anlage wieder herzustellen wurden also erst die Rollen ersetzt. Die anschliessenden Schwingungsmessungen wiesen sehr starke radiale wie axiale Schwingungen auf, die zum einen Teil vom Gesamtantrieb ausgehen und zum anderen Teil konstruktionsbedingt entstehen.
Eine Untersuchung des Antriebs zeigte Laufspuren am Pendelrollenlager sowie Korrosionsspuren am Handrad und an der Motorwelle, das lose auf der Welle sitzende Handrad wies einen Seitenschlag von mehreren Millimetern auf. Durch die Unwucht wurde die Passfeder-Verbindung teilweise so stark aufgeweitet, dass Welle und Handrad gegeneinander wirkten. Dies bewirkte starke Vibrationen und das Aufschwingen des Gesamtantriebs. Eine Sicherungsschraube bewirkte eine Verringerung der Vibrationen.
Bei verschiedenen Messungen am Schrägaufzug konnten axiale Schwingungen festgestellt werden, die für die Fahrgäste in der Kabine als subjektiv störend empfunden werden könnten. Rainer Trumpp: „Die Ursache lag hier an der Unterkonstruktion. Der eine Stützpfeiler war mittels Schweisskonstruktion auf dem Betonsockel montiert, die zur Stabilisierung befestigten Drahtseile wiesen ein erhebliches Spiel auf.“
Durch die Behebung der ermittelten Ursachen konnten die Schwingungen an der Gesamtanlage schliesslich erheblich reduziert werden. „Mit den zusätzlichen Massnahmen, welche wir dem Auftraggeber in einer ausführlichen Expertise empfohlen haben, können die noch vorhandenen Schwingungen auf ein Minimum gesenkt werden, so dass eine optimale Verfügbarkeit des Schrägaufzugs garantiert wird“.
Mit dem stetig wachsenden Seilbahnnetz in La Paz profitieren Monat für Monat hunderttausende Menschen von der gewonnenen Lebensqualität. Sehen Sie im Film auf unserer Homepage, wie das neue Transportmittel den Alltag der ansässigen Bevölkerung erleichtert.